Edelman Smithfield und Taylor Wessing haben die nach Marktkapitalisierung größten börsennotierten Unternehmen in Deutschland befragt, wie sie im Jahr 2023 ihre Hauptversammlungen durchgeführt haben, inwieweit sie die neuen Rahmenbedingungen für virtuelle Hauptversammlungen umgesetzt haben und welche Erfahrungen sie dabei gemacht haben.

Die Angaben der 110 Teilnehmer:innen an der Befragung geben Einblicke in die Umsetzung der neuen Regelungen zur virtuellen Hauptversammlung in der Praxis und die dabei gemachten Erfahrungen. Die befragten Unternehmen haben unter anderem Auskunft gegeben, wie zufrieden sie mit dem gewählten Format sind und wie sie die neue Rechtslage bewerten.

Die Teilnahmequote war bei den befragten DAX40 und MDAX Unternehmen mit ca. 60 % am höchsten. Bei den SDAX Unternehmen lag sie etwas über 30 %. Die Verteilung auf die virtuelle Hauptversammlung und die Hauptversammlung in Präsenz ist über die gesamte Gruppe der befragten Unternehmen in etwa gleich (mit einem leichten Übergewicht des virtuellen Formats) – im DAX40 liegt der Anteil der virtuellen Hauptversammlungen unter den Teilnehmer:innen aber bei 71 %. Bei den Unternehmen mit größerer Marktkapitalisierung wurde die virtuelle Hauptversammlung häufiger genutzt. Für Unternehmen mit geringerer Marktkapitalisierung war die Rückkehr zum Präsenzformat häufig attraktiver. Einzelne Unternehmen haben möglicherweise zunächst noch abgewartet, wie sich das neue Format in dieser Saison bewährt.

Die Zufriedenheit mit dem gewählten Format war insgesamt sehr hoch (9 auf einer Skala von 1 bis 10) und ganz leicht höher beim virtuellen Format. Wesentliche negative Erfahrungen sind damit ausgeblieben oder haben den Eindruck insbesondere von dem virtuellen Format nicht nachhaltig getrübt. Die teilnehmenden Unternehmen, die eine virtuelle Hauptversammlung durchgeführt haben, bewerten das neue Format eindeutig positiver als die Hauptversammlung in Präsenz und überwiegend auch als dem durch die COVID-19-Notfallgesetzgebung vorgegebenen Format überlegen. Die neue virtuelle Hauptversammlung hat den Praxistest damit bestanden.

Der Hauptteil (60 %) will an dem 2023 gewählten Format auch in den kommenden Jahren voraussichtlich festhalten. Ca. 30 % waren zum Ende der Befragung im September 2023 noch unentschieden. Bei den befragten Unternehmen, die ihre Hauptversammlung 2023 in Präsenz abgehalten haben, geben 9 % an, dass sie erwägen, das Format zu wechseln, bei denjenigen mit virtuellem Format sind es nur 2 %. Der Anteil der Unternehmen, die das virtuelle Format nutzen, könnte sich in Zukunft noch erhöhen, wenn unter den Gesellschaften, Aktionär:innen und weiteren Kapitalmarktteilnehmer:innen die Aufgeschlossenheit gegenüber dem neuen Format zunimmt und die hiermit verbundenen Kosten sinken.

Die maßgeblichen Gründe für die Durchführung einer virtuellen Hauptversammlung waren nach Angabe der Befragten die grundsätzliche Einstellung der Verwaltung zu dem virtuellen Format sowie Nachhaltigkeits- und Kostenerwägungen.

Für die Abhaltung einer Hauptversammlung in Präsenz hingegen waren neben der grundsätzlichen Einstellung der Verwaltung insbesondere die Erwartungen von Investor:innen, Fondsgesellschaften, Schutzvereinigungen und Proxy Advisors sowie der Aspekt der Prozess- und Rechtssicherheit ausschlaggebend.

Es gibt keine allgemeingültige Empfehlung für die Wahl des Hauptversammlungsformats. Unternehmen sollten primär auf ihre Stakeholder:innen und ihre Erwartungen hören. Insbesondere die Zusammensetzung der Aktionär:innenbasis ist ausschlaggebend für die richtige Entscheidung. Zudem sollte die Entscheidung für ein Format nicht interessengeleitet erscheinen und gut begründet sein. Dies gilt insbesondere, wenn sich ein Unternehmen für den Wechsel des Formats entscheidet.

Die diesjährige Hauptversammlungs-Saison hat gezeigt, dass sowohl virtuelle als auch physische Formate gut choreografiert, unterhaltend, überzeugend und technisch sicher sein können. Ein gehaltvoller Dialog mit den Aktionär:innen kann auch virtuell erfolgen. Wenn Unternehmen sich für ein virtuelles Format entscheiden, sollten sie in technische Plattform, Videobeiträge und interaktive Elemente investieren.

Zuletzt kommt alles auf die richtige Vorbereitung und Übung an, sowie auf die generelle Einstellung zur Kommunikation mit den Aktionär:innen. Eine gut organisierte und inszenierte Hauptversammlung schafft Vertrauen zu Aktionär:innen und weiteren wichtigen Stakeholder:innen und ist damit ein wesentlicher Bestandteil einer überzeugenden Kommunikationsstrategie.

Die kompletten Ergebnisse gibt es auf Anfrage.

Robert Labas, Executive Director, Strategic Situations & Investor Relations, Deutschland robert.labas@edelmansmithfield.com