Im Juni feiern Menschen weltweit alljährlich den Pride Month. Auch in diesem Jahr ist die Aufmerksamkeit für die LGBTQIA+-Community wichtig. Doch noch wichtiger ist es, dass LGBTQIA+ 365 Tage im Jahr auch in der Berufswelt eine akzeptierte Selbstverständlichkeit wird – nicht nur an ausgewählten Tagen und Orten, sondern jederzeit und überall. Dafür braucht es uns alle – vor allem auch euch: die Wirtschaft und insbesondere die Führungskräfte und CEOs.

Diversity, Inklusion und LGBTQIA+ – Begriffe, die in der Kommunikation in den sozialen Medien und auf Unternehmenswebsites zum festen Bestandteil geworden sind. Wenn es aber wirklich um die gesellschaftliche Toleranz und gelebte Akzeptanz gegenüber der LGBTQIA+-Community in der Wirtschaft geht, besteht oft eine große Diskrepanz zwischen Theorie und Realität:

Knapp 30 Prozent (3 von 10; 29,7 %) der Menschen der LGBT*IQ-Community sagen, dass sie in den letzten zwei Jahren aufgrund ihrer sexuellen Orientierung oder Geschlechtsidentität im Arbeitsleben Diskriminierung erlebt haben. (Umfrage des DIW Berlin) Und sogar 4 von 10 trans* Menschen haben Behinderung im Berufsleben erlebt. (IDA, 2017)

Auch wenn wir das Jahr 2022 schreiben, zeigen die oben genannten Zahlen, dass wir von selbstverständlicher Toleranz, Chancengleichheit und Gleichstellung am Arbeitsplatz noch immer weit entfernt sind. 

Ich bin lesbisch, Teil der LGBTQIA+-Community und CEO von Edelman Deutschland. 

Als CEO bin ich fest davon überzeugt, dass Exzellenz aus Vielfalt entsteht!

Aus diesem Grund verpflichte ich mich dazu, ein offenes und unterstützendes Umfeld zu schaffen, in welchem Diskriminierung keinen Platz findet – dafür aber eine Kultur gelebt wird, die die Individualität und die Zusammenarbeit fördert und vielfältiges Denken unter unseren Mitarbeitenden und Partner:innen anregt. 

Zahlen und meine eigenen Erfahrungen zeigen: LGBTQIA+-Mitarbeitende, die am Arbeitsplatz keine Diskriminierung erfahren, sind kreativer, produktiver, innovativer und sehen sich mehr in ihrem Potenzial anerkannt. Ein Umfeld, in dem sich Mitarbeitende entfalten und sie selbst sein können, stärkt nicht nur ein Unternehmen, sondern stellt auch die Zukunftsfähigkeit sicher. 

Haltung definiert also nicht nur die Unternehmenskultur, sondern auch den wirtschaftlichen Erfolg.

Unser Edelman Trust Barometer Special-Report: „The Belief-Driven Employee“ aus dem Jahr 2021 zeigt: 1 von 3 Mitarbeitenden kündigt den Job, weil der:die Arbeitgebende sich nicht zu kontroversen gesellschaftlichen oder politischen Themen positioniert. Zudem geben mehr als die Hälfte (54 Prozent) an, dass sie die:den nächsten Arbeitgebenden anhand der eigenen Werte und Grundsätze auswählt. CEOs sind die Taktgeber und Gesichter für den Wandel. Sie müssen sich positionieren, Haltung zeigen und die Facetten der Unternehmenskultur vorleben – sie sind nach Innen und Außen das sichtbarste Vorbild. 

Gelebte Diversity ist somit längst kein Hygienefaktor mehr – und auch kein Marketing-Tool.

Die Zahlen zeigen, dass viele Unternehmen dies erkannt haben: So positionieren sich immer mehr Unternehmen mittlerweile als offen für Mitarbeitende und Belange der LGBTIQA+-Community. Obwohl 40 Prozent der Unternehmen die Relevanz von LGBTQIA+ mit HOCH bewerten, bieten weniger als 20 Prozent spezifische Maßnahmen zur Förderung dieser Mitarbeitenden an. Weniger als 10 Prozent der Befragten planen, überhaupt Maßnahmen einzuführen. (German Diversity Monitor, 2021)

Es gibt daher immer noch eine große Lücke zwischen der Regenbogen-Kommunikation und der praktischen Umsetzung. Um nachhaltig etwas zu bewegen, reicht es nicht, im Pride Month die Regenbogen-Flagge zu hissen – es braucht echte Werte und Handlungen. Die CEOs und Führungspersönlichkeiten müssen sich positionieren und auch für LGBTQIA+ Haltung zeigen, sei es als Straight Ally oder gar mit dem eigenen Outing. 

Fakt ist:
Die Zahlen des Edelman Trust Barometers zeigen, dass für Arbeitgebende die Vorteile sogar die Risiken überwiegen, wenn sie zu gesellschaftlichen und politischen Themen Stellung beziehen. Ob bei der Suche nach Fachkräften, dem Halten von Mitarbeitenden oder dem eigenen wirtschaftlichen Erfolg.