Wenig Unterschiede zur Konkurrenz und häufig fehlende Relevanz: Das sind die größten Probleme in Kommunikation und Außendarstellung vieler Finanzunternehmen – und dessen sind sich die Kommunikationsabteilungen der Unternehmen bewusst. Das zeigt eine internationale Studie der weltweit tätigen PR-Agentur Edelman. 2021 bietet ideale Chancen, sich von der Konkurrenz abzuheben.

Die Deutschen entdecken den Aktienmarkt

Was Anleger-Initiativen jahrzehntelang nicht geschafft haben, hat der Lockdown unbeabsichtigt erreicht: Die Deutschen wenden sich langsam, aber sicher vom Sparbuch ab und investieren stattdessen in Aktien, Fonds und ETFs. Das Ergebnis: In Deutschland gibt es so viele Aktienanleger wie zuletzt vor 20 Jahren. Bereits im vergangenen März und April, als die Corona-Krise und die Angst vor einer weltweiten Rezession zu einem starken Nachgeben der Kurse geführt hatten, trauten sich viele Anleger erstmals an die Aktienmärkte. Im Laufe des Jahres 2020 stieg die Zahl der Aktiensparer um 2,7 Millionen auf insgesamt 12,4 Millionen – ein Anstieg um fast 27 Prozent. Das belegen aktuelle Zahlen des Deutschen Aktieninstituts. Besonders junge Menschen unter 30 hätten den Weg an die Börse gefunden. Hier steigerte sich die Zahl der Anleger um 600.000 im Vergleich zum Vorjahr, was einem Plus von fast 70 Prozent entspricht. Anstatt in Urlaube, Unternehmungen oder Einkäufe floss das Geld vieler Deutscher also in Aktien, Fonds oder ETFs – und der Trend dürfte anhalten.
 
Bei Finanzdienstleistern müsste Hochstimmung herrschen. Neue Kundengruppen informieren sich über Möglichkeiten, ihr Gespartes fernab vom Sparbuch anzulegen. Doch in den Kommunikationsabteilungen der Finanzunternehmen dominiert eher Ernüchterung: Anstatt die Anlagewilligen mit klaren Botschaften und spannenden Inhalten für sich zu gewinnen, wird zumeist weiterhin fast austauschbarer Content kommuniziert – vieles davon finden die Kommunikatoren selbst nicht interessant. Das ist das Ergebnis einer Edelman-Umfrage unter vierzig unserer internationalen Finanzkunden, darunter einige der weltgrößten Asset Manager, Vermögensverwalter, Banken, Versicherungen und Consumer Finance-Unternehmen. Zwei Drittel der Befragten sind sich der Diskrepanz bewusst, zwischen dem, was ihr Unternehmen kommunizieren will, und dem, was Medien und Kunden interessiert. Egal ob CCO, Head of Communications oder senioriger Kommunikationsverantwortlicher, man ist sich einig: Mehr Differenzierung und Relevanz müssen her. 78 Prozent sehen es gar als ihre größte Herausforderung an, ihr Unternehmen kommunikativ von der Konkurrenz abzuheben, insbesondere im Bereich der Produkte und Dienstleistungen.  
 

Nachhaltigkeit und ESG im Fokus

Um diese Herausforderung zu bewältigen, bietet das Jahr 2021 jedoch die ideale Gelegenheit, denn ein Thema wird die Branche stärker beherrschen denn je – Nachhaltigkeit und ESG. Das bedeutet für Unternehmen, sich hier nicht nur über ihre Produkte, sondern auch über ihre Kommunikation erfolgreich positionieren zu können und auch zu müssen, um überhaupt aus der Menge der Anbieter hervorzustechen. Denn das Thema Nachhaltigkeit liegt den Deutschen am Herzen: Laut dem Institut für Demoskopie Allensbach machen sich derzeit 53 Prozent der 30-59-Jährigen große Sorgen um die Klimaerwärmung. Und das schlägt sich im Anlageverhalten nieder. Laut BVI entfiel im vergangenen Jahr bereits knapp die Hälfte des Neugeschäftes bei Publikumsfonds auf nachhaltige Produkte. Tendenz steigend. Neben dem Interesse der Anleger sorgt zudem die EU-Offenlegungsverordnung dafür, dass das Thema ESG die Kommunikationsabteilungen beschäftigt. Die Wichtigkeit ist den Kommunikatoren klar: 98 Prozent halten laut der Edelman-Umfrage das Thema ESG für sehr wichtig, 83 Prozent planen folgerichtig auch, in diesem Bereich verstärkt zu kommunizieren.

Dennoch hat die Darstellung ihres Engagements rund um den Klimawandel nur für 15 Prozent der Unternehmen allerhöchste Priorität in der Kommunikation. Corona und die wirtschaftlichen Folgen der Pandemie laufen der Umwelt bei den meisten PR-Abteilungen den Rang ab. Darzustellen, wie das eigene Unternehmen im Rahmen der wirtschaftlichen Erholung aufgestellt ist, beziehungsweise wie es zu dieser Erholung beiträgt, ist für 45 Prozent der Befragten das Hauptanliegen im laufenden Jahr. 15 Prozent wollen 2021 lieber Produktneuheiten und andere Innovationen pushen, genauso viele Unternehmen setzen vorrangig auf die Ansprache von jungen Menschen. Sie wollen ihre Kommunikation so gestalten, dass sie für jüngere Kundengruppen relevant bleiben und sich trotz disruptiver Entwicklungen und Konkurrenten in ihrer Branche deren Aufmerksamkeit sichern. 10 Prozent gaben an, ihre Kommunikation auf die Rechtfertigung von hohen Gebühren auch in schwierigen Marktkonditionen fokussieren zu wollen.

 

Kommunikation muss intern höheren Stellenwert erhalten

Doch damit die PR-Abteilungen ihre Top-Themen 2021 erfolgreich kommunizieren können, müssen sie weg von den uniformen Inhalten, die weder bei Medien noch Kunden ankommen. Allerdings haben fast zwei Drittel der Teilnehmer an der Edelman-Umfrage Probleme damit, intern Inhalte mit Nachrichtenwert zu generieren. Und das verwundert nicht – in nur etwa der Hälfte der Unternehmen sieht das oberste Management die Wichtigkeit, sich selbst in der Öffentlichkeit zu äußern, und ist auch bereit, dafür Zeit einzuplanen. Dabei ist die Rolle des CEO bei der Schaffung von Vertrauen, für die Positionierung und für den Aufbau einer Marke gar nicht zu unterschätzen, wie das Edelman Trust Barometer jedes Jahr wieder aufs Neue belegt. Klar ist: Kommunikation hat intern oft einen zu geringen Stellenwert. 

Auf echtes Thought Leadership setzen, CEO-Positionierung und Social Media – das sind die Wege aus der grauen Kommunikationswüste und so sehen das auch 95 Prozent der PR-Verantwortlichen. Um diese Maßnahmen erfolgreich umsetzen zu können, ist vor allem eines nötig: Ein Umdenken in den Unternehmen – nicht nur Engagement und Involviertheit vom obersten Management sind essentiell, sondern auch das Verständnis bei den internen Content-Lieferern aus den Fachabteilungen. Öffentlichkeitsarbeit ist keine lästige Pflichtübung, sondern Kür.

Und die wichtigste Frage lautet:
„Was interessiert die Kunden?“

und nicht:
„Wozu möchte ich etwas sagen?“. 

 

Finanzunternehmen brauchen echte Social-Media-Strategien

Zudem sollten Finanzunternehmen das Thema Social Media endlich wirklich annehmen. Ein Alibi-LinkedIn-Account, auf dem Pressemitteilungen veröffentlicht werden, ist keine Social-Media-Strategie. Unternehmen aus dem Consumer-Goods-Bereich mögen es gefühlt leichter haben, aber auch mit komplexeren Themen erreicht man – mit dem richtigen Ansatz – seine Zielgruppen auf Instagram, Twitter und Co.. Auch wenn die Kommunikatoren zu 100% die traditionellen Medien weiterhin für höchst relevant halten, ist ihnen bewusst, dass längst nicht nur die jungen neuen Anleger hier unterwegs sind und ihr Geld über Handy und App anlegen.  

Und zuletzt gilt es, schnell und beherzt zu handeln. Denn wenn der Lockdown endet und geöffnete Grenzen, Geschäfte und Restaurants wieder zum Geld ausgegeben animieren, ist es wichtig, bei den Anlegern bereits im Kopf fest verankert zu sein. Ausreichende Mittel dürften vorhanden sein, um die nötigen Veränderungen und die neue ESG-Kommunikation voranzutreiben. Schließlich durften sich 33 Prozent der befragten Kommunikationsabteilungen in diesem Jahr über eine Erhöhung ihres Budgets freuen.

Den Gastbeitrag finden Sie auf den Seiten 60 & 61 im Cash.-Magazin.
 

Sollten Sie Unterstützung bei der Kommunikationsplanung benötigen, beraten und begleiten wir Sie gerne.
 

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