Klassische Asset Manager lernen von aktivistischen Investoren, den Wandel in ihren Portfolio-Unternehmen voranzutreiben. Während die meisten Häuser bisher mit dem Management ihre Meinung und Ideen im direkten Gespräch kommunizierten, greifen sie nun häufiger in die Toolbox der Aktivisten: Auftritte bei Hauptversammlungen, öffentliche Statements zur Geschäftsstrategie oder Kommentare in Wirtschaftsmedien. Diese Entwicklung ist für Kontinentaleuropa neu. Gleichzeitig sehen sich die börsennotierten Gesellschaften immer häufiger im Visier von Aktivisten. Der Dreh- und Angelpunkt für einen erfolgreichen Umgang mit beiden, klassischen Long-only sowie aktivistischen Investoren: Vertrauen.

In den USA und auch in Großbritannien ist der Umgang mit aktivistischen Investoren für börsennotierte Gesellschaften nichts Neues. In Kontinentaleuropa, insbesondere in Deutschland, müssen sich viele Unternehmen schnell an den Gedanken gewöhnen, dass sie Ziel eines Aktivisten werden können. Waren laut des Wirtschaftsmagazins Capital 2015 nur zwei aktivistische Kampagnen zu verzeichnen, waren es 2016 schon neun. Und 2017 dürften es noch mehr werden. Beispiele dafür sind nicht nur prominente Engagements wie etwa von Elliott beim Bremer Luft- und Raumfahrtkonzern OHB oder beim Maschinenbauer GEA, sondern auch kleinere Häuser wie AOC und zuletzt bei comdirect oder bei Stada. Aktivistische Investoren sind gekommen um zu bleiben.

Das hat auch Einfluss auf Long-only Investoren. Diese verstehen sich zunehmend als Treiber und Katalysator von Veränderungen bei den Unternehmen, die sie im Portfolio halten. Immerhin 87 Prozent sagen laut Edelman Trust Barometer Special Edition: Institutional Investors aus, dass sie renommierte Aktivisten unterstützen würden, wenn sie glaubten, dass ein Wandel oder eine Änderung im Geschäftsmodell sinnvoll sei. Gleichzeitig geben 80 Prozent der befragten Institutionellen an, dass die meisten Unternehmen nicht auf eine Kampagne eines Aktivisten vorbereitet seien. Für die Firmen bedeutet dies zum einen, dass sie sich durch entsprechende Peergruppen-Vergleiche und Szenarioplanungen vorbereiten und zugleich im permanenten und intensiven Austausch mit ihren Stakeholdern und insbesondere mit ihren Aktionären stehen müssen. Nur durch Letzteres lässt sich das wichtigste Asset aufbauen, um Kampagnen und Attacken zu überstehen: Vertrauen.

Vertrauen ist für Long-only Investoren essentiell: So sagen 77 Prozent, dass sie in den letzten 12 Monaten ihre Positionen bei Unternehmen, denen sie vertrauen, aufgestockt haben. Und immerhin 50 Prozent stimmen für Positionen des Vorstands sowie 39 Prozent für Vorschläge des Managements. Dies kann bei der Abwehr von aktivistischen Investoren entscheidend sein. Im Gegensatz dazu sind institutionelle Investoren jedoch auch bereit, Konsequenzen zu ziehen, wenn sie Firmen oder deren Management nicht vertrauen. 73 Prozent kauften dann keine Aktien des Unternehmens, 37 Prozent stimmten gegen den Vorstand und immerhin 23 Prozent unterstützten Vorschläge eines Aktivisten.

Darüber hinaus zeichnet sich in Deutschland ein weiterer Trend ab, der auch weltweit zu beobachten ist. Institutionelle Investoren verstehen sich als Impulsgeber für Veränderungen im Unternehmen. Dabei nutzen und kopieren sie Vorgehensweisen von aktivistischen Investoren, um die Geschäftspolitik und Unternehmensstrategie sowie bei Fragen der Corporate Governance in ihrem Sinne zu beeinflussen. Wurden diese Punkte hierzulande bis vor einigen Jahren vornehmlich bei Investorengesprächen und Roadshows im One-on-one thematisiert, sind nun Kommentare in Medien oder auch Sprechbeiträge auf Hauptversammlungen durchaus opportun, um die eigene Meinung öffentlich kundzutun und durchzusetzen.

Um sich vor aktivistischen Kampagnen zu schützen und gleichzeitig die Vorstellungen der institutionellen Anleger zu kennen, ist es wichtig, sich eine Weisheit vor Augen zu führen: Vertrauen ist der Anfang von allem.